Welche Frau möchte nicht gerne hübsche Dirndl mit einem großen Rabatt einkaufen, die besten Schnäppchen in einem Ausverkauf machen oder drei Kleider zum Preis von einem kaufen? Wenn dann noch kostenloser Versand angeboten wird, ist es mit der Vorsicht der Käufer schnell vorbei.
Diese verlockenden Angebote sind leider meist nur Fallen dubioser Händler, die in immer neu entstehenden Webshops Ware anbieten, die sie entweder nicht haben oder die billigst nachgebaut wird. Der Kaufanreiz ist so groß, dass es bis zum Klick auf den Bestell-Knopf nicht mehr weit ist. Die Händler sind auf sozialen Medien aktiv. Dort schalten sie Werbung, um auf die vermeintlichen Sonderangebote aufmerksam zu machen, wie man rechts im Bild sehen kann.
Da auch in meiner Familie ein Mitglied Opfer dieser von mir genannten DIRNDL SPIDER-Masche [1] geworden ist, habe ich das Vorgehen der Betrüger recherchiert und bin zu interessanten Ergebnissen gekommen. Diese möchte ich gerne in einer möglichst nicht-technischen Sprache weitergeben.
Wie können betrügerische Webshops erkannt werden?
Leider ist es nicht immer einfach und erfordert sogar manchmal IT-Wissen, um einen Webshop als Falle zu erkennen. Recht einfach wahrzunehmende Indizien sind aber:
- Unglaublich tiefe Preise, zum Vergleich mit dem Listenpreis des Herstellers massiv reduziert.
- Angebote, die nur noch wenige Stunden oder Tage gelten. Das baut weiteren Druck auf den Käufer auf.
- Rechtschreibfehler, Sprachstilblüten und Sprach-Mischmasch. Ein paar Beispiele: „Kommen Sie nach Leniadirndl und finden Sie, was Sie wollen!“ (auf der Webseite von hannadirndl.de!), „Kehrt zurück“ (für Retouren), „Leniadirndl ist ein ausgezeichnetes Bekleidungs-unternehmen.“, „In der heutigen Welt kann das Körperbild ein heftiger Kampf sein.“.
- Keine Informationen über die Firma sowie keine Kontaktadresse (in Deutschland besteht für kommerzielle Angebote im Internet die Impressums-Pflicht!); alternativ eine unbestätigte Adresse im Ausland, die man laut Angabe des Händlers nicht für Retouren verwenden soll. Vorsicht bei der Aussage „kontaktieren Sie uns über Facebook“.
- Ein Impressum, welches einfach von einer anderen Firma kopiert wurde.
- Überaus positive Bewertungen auf dem Webshop selbst, überwiegend negative Bewertungen bei neutralen Portalen. Die positiven Lobpreisungen mit voller Punktzahl bei der Bewertung sind in einem schlechten Sprachstil geschrieben („Produkt schön, etwas transparent setzen“, „Ich nehme nicht das erste mal sehr viel“).
- Unscharfe Textblöcke oder Tabellen, zum Beispiel bei den Größenangaben von Kleidern.
Technische Merkmale, die eigentlich die Sicherheit erhöhen sollten
Betrüger versuchen alles, um den Kaufdruck zu erhöhen und ein sicheres Gefühl beim Online-Einkauf zu geben. Dazu gehören professionelle Bilder, auf denen man vielleicht sogar ein bekanntes Markenstück erkennt. Dazu gehören aber auch vertrauensschaffende Gütesiegel, Angaben zu Bezahlwegen wie PayPal und VISA sowie das geschlossene Schlosssymbol des Web-Browsers [2].
Leider tragen diese Bilder und Symbole nicht wirklich zur Sicherheit beim Online-Einkaufen bei. Ohne in die technischen Details zu gehen: Die Namen von Webshops können anonym beantragt, Verschlüsselungszertifikate günstig gekauft, Gütesiegel sowie Bilder einfach von anderen Webseiten kopiert werden. Die Anzahl von betrügerischen Webshops mit klar zu erkennenden, technischen Fehlern wird weniger.
Die Risiken, die man beim Bestellen eingeht
Viele Bewertungen und Beschwerden im Internet sprechen von sehr langen Lieferzeiten, von Ware, die nie angekommen ist, die von schlechter Qualität zeugte, einen unangenehmen Geruch ausströmte und bei der die Größenangabe nicht stimmte. Nach etwas Suchen im Internet findet man meist unzählige Bewertungen nach folgendem Muster:
In manchen Fällen kamen zum Kaufpreis noch hohe Zollkosten dazu, die der Käufer tragen musste.
Die Operation DIRNDL SPIDER aus China
Nun zum konkreten Beispiel. Im Internet springen immer wieder neue Webshops aus dem Boden, die überaus günstige Dirndl anbieten. Mit vertrauensschaffenden Markennamen, Ansprache in der Muttersprache des Käufers und schnellen Bezahlmöglichkeiten wird der Käufer geködert. Der von mir recherchierte Betrüger betreibt dirndl-kruger.de, hannadirndl.de, leniadirndl.de, ludwigtherese.net, ludwigtherese.de, ludwigtherese.com, kruegerdirndl.com, kruegerdirndl.net, dirndl-z.com und wahrscheinliche noch weitere Webshops, die bis zur Veröffentlichung dieses Artikels entstanden sind.
Außerdem betreibt der Anbieter viele weitere Webshops, die häufig mit Kleidung aber nicht mit Dirndl zu tun haben: anniecloth.com, justfashionnow.com, berrylook.com usw. Ein paar seiner Webshops sind mittlerweile nicht mehr erreichbar, dazu gehören missiapick.com, linencomfy.com und kruegerdirndl.com [3].
Wie man sieht, bestehen die Webshops teils auf Fantasienamen, teils aber auch auf registrierten Markennamen, die leicht verändert wurden. So wird aus der legitimen Adresse krueger-dirndl.de leicht „dirndl-kruger.de“. Aus der legitimen Adresse ludwig-therese.de wird „ludwigtherese.de“.
Im Fall von dirndl-kruger.de hat der Händler einfach das Impressum einer Firma aus München kopiert, ohne aber Telefon und Email-Angaben zu übernehmen.
Meine Recherchen haben zu einer amerikanischen Firmenadresse, zwei englischen und mehreren chinesischen geführt. Das Zentrum der Operation scheint in Hong Kong zu sein, was bei dem meist geringen Gegenwert der Ware gegen das Durchsetzen des Rechtswegs spricht.
Der Diebstahl von Warenbildern
Wie dreist die Betrüger beim Kopieren von Bildern vorgehen, soll nachfolgendes Beispiel zeigen. Die deutsche Firma Country Line Trachtenmode GmbH vertreibt unter dem Markennamen Tramontana dieses schöne Dirndl:
Auf den betrügerischen Webshops finden sich nun die gleichen Bilder wieder, wie folgende Bildschirmfotos zeigen. Bei dirndl-kruger.de:
Bei kruegerdirndl.net:
Bei leniadirndl.de:
Bei dirndl-z.com:
Man beachte bitte die unterschiedlichen Preisangaben sowie den abgeschnittenen Kopf des Models [4]. Bei kruegerdirndl.net hat der Händler Fehler in der Darstellung der Konfektionsgrößen gemacht. Bei der englischsprachigen Seite von dirndl-z.com ist dem Händler das deutsche Wort „Bildfarbe“ durchgerutscht.
Resümee
Augen auf beim Online-Einkauf! In unserem Fall haben wir das Geld von der Bank wiederbekommen. Allerdings erst, nachdem wir mit einem zweiten Mitarbeiter der Bank Kontakt aufgenommen hatten. Der erste behauptete noch, unsere Kreditkarte würde einen solchen Betrugsschutz nicht enthalten.
[1] Mit SPIDER ist hier eine kriminelle Organisation gemeint, der man keine Nähe zu einer Regierungsorganisation nachsagt.
[2] Selbst signierte Zertifikate, mehrfach ausgestellte Zertifikate usw.
[3] Ich empfehle, keine der hier angegebenen Adressen (URL) in den Web-Browser zu übernehmen. In manchen Fällen blockiert bereits die hoffentlich installierte Sicherheitssoftware die Adresse.
[4] Abgeschnittene Köpfe erschweren die automatische Bilderkennung, in diesem Fall die Gesichtserkennung.
Wie der Zufall so spielt gib es jetzt noch eine zweite Analyse zum Thema, die unter https://omr.com/de/fake-dirndl-shops/ zu finden ist.
Guter Beitrag, leider werden diese Betrüger noch von Paypal in Schutz genommen. Meine Freundin hatte über mein Paypal Konto auch eine Bestellung ausgelöst. Nachdem ich eine Zahlungsbestätigung von Paypal mit chinesischen Schriftzeichen erhalten hatte, wusste das dort etwas nicht stimmen kann. Paypal habe ich umgehend informiert sowie Käuferschutz und die Bestellung umgehend storniert. Die in der Bestätigung angegebene Adresse blockt alle E-Mails. Paypal gewährt diesen Händlern unendlich nachfristen und lehnt den Käuferschutz nach 8 Wochen ab. Begründung: Der Händler konnte eine Lieferung nachweisen. Bis heute ist hier nichts zugestellt worden, auf einen Abliefernachweis von Paypal warte ich bis heute, bereits 4 mal angefordert, ohne Reaktion! Den Lastschrifteinzug habe ich deshalb storniert, seit dem bekomme ich eine Inkasso Forderung von Paypal, auf die Anfragen des Abliefernachweises reagiert auch dort keiner! Stattdessen kommen zur Einschüchterung etliche Gebührenaufschläge. Den Fall habe ich deshalb an meinen Rechtsanwalt weitergeleitet 🙂 Das lass ich mir von Paypal nicht gefallen, es war aber auch meine letzte Nutzung via Paypal! Es gibt übrigens weitere Paypal geschädigte unter https://www.paypal-community.com/t5/Kaufen/Betrug/m-p/2204850/highlight/false#M47556 LG Alex
Hallo Alex,
ich habe vor ein paar Tagen PayPal schriftlich über meine Kündigung informiert, aber aus anderem Grund: mein (USA) Account geht einmal im Jahr in den Status „account verification“. Dies führt dazu, dass ich mich nicht mehr einloggen kann, auch das Zurücksetzen des Passworts funktioniert nicht mehr. Leider hilft PayPal nur Kunden, die sich anmelden können 🙁
Viele Grüße
Jan
Gestern kam der Brief der Bank – nach mehr als 3 Wochen Warten nun die Gewissheit, dass die Betrüger in China diesmal nicht gewonnen haben: „The merchant gave you credit for your disputed transaction(s)“. Einen Dank an Bank of America.
Wieder ein neuer Shopify Fake Shop im Internet, der Dirndl anbietet – http://www.statuskelidmode.de: „Statuskelidmode.de ist ein ausgezeichnetes Unternehmen an der Spitze der Bekleidung. Wir setzen uns für die Beschaffung ein und bemühen uns, die innovativsten Produkte zu finden, um die beste Kleidung zu liefern.“ 🙂 Wir fragen uns, ob „Kelid“ der Tippfehler eines Chinesen ist, der „Kleid“ meinte.
Die Handelsregisternummer ist von einer Firma aus Hamburg kopiert worden, dass Bild von dem Dirndl, bei dem das Modell Tauben in der Hand hält und welches auf Facebook als Werbung verwendet wird, ist von http://www.festtagsgwand.de/dirndl-tracht-kuehbach.php kopiert worden. Dort wird es als „Dirndl mit Spitzenschürze“ angeboten.
Der Betrüger spezialisiert sich nicht nur auf Dirndl, sondern baut immer wieder auch andere Fake Shops auf, beispielsweise http://www.tongsuper.de. Diese Shops lassen sich sehr leicht an der Übersetzung „Kehrt Zurück“ erkennen, die im Menü statt „Umtausch / Retoure“ verwendet wird.
Wer sich wie ein kleiner Hacker fühlen möchte, gib im Untermenü „VERFOLGEN SIE BESTELLUNGEN“ mal die Paketliefernummer „123456“ ein…
Ei guck a mal, jetzt auch Der Spiegel am 24. Oktober 2020 einen Artikel zum Thema veröffentlicht: „Onlinebetrug mit Trachtenmode – Die Dirndl-Mafia“: https://www.spiegel.de/karriere/fakeshops-fuer-trachtenmode-die-fiese-masche-der-betrueger-a-8ec30369-3b64-41a9-8b66-e8ec954db39c. Ob sich Verena Töpper wohl hier inspirieren lassen hat?