„Betrüger!“

Winterjacke im Webshop „By Lina“. Diese Jacke wurde als Marke „MARIKOO“ mit der DPMA Nummer 018077916 bereits geschützt. Im Bild wurden die Etiketten mit dem Markennamen vom Betrüger digital ausgeblendet. Dieser hat nicht besonders exakt gearbeitet, wodurch auch der Jackenaufhänger wegretuschiert wurde.

Diese emotionale Äußerung ist typisch für Käufer, die einem (China) „Fake-Shop“ auf den Leim gegangen sind. Teilweise werden gegenüber den Händlern noch ganz andere Begriffe verwendet. Schnell ist die Rede davon, dass der Vorgang „illegal“ ist, „man werde den Verkäufer verklagen“. Nachfolgend eine kurze Analyse dieser Aussage.

Grundsätzlich ist das Geschäftsgebaren der vielen Webshops im Internet nicht illegal: Ein Online-Händler bietet Ware in einem Webshop zum Kauf an. Entweder tritt er dabei als der Vertragspartner des Käufers auf oder er bezeichnet sich lediglich als Webshop- bzw. Marketing-Plattform-Betreiber und der Vertragspartner ist der Lieferant, der wie so häufig seinen Sitz in China hat. Das letztere Geschäftsmodell wird „Dropshipping“ genannt und wird immer beliebter.

Nur wenn das Recht des Käufers durch den Kauf verletzt wurde, ihm ein Schaden entstanden ist, kann er den Rechtsweg gehen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Ware nicht geliefert wurde oder nicht der Beschreibung des Verkäufers entspricht und dieser auf den berechtigten Nacherfüllungswunsch des Kunden nicht eingeht.

Unterlassungsklage oder auch einstweilige Verfügung kommen dabei meist nur für denjenigen in Betracht, dessen Marken- und Urheberrecht verletzt wurde. Also zum Beispiel dem Urheber der Modefotografien (mit häufig aus diesem Grund abgeschnittenen Köpfen) oder dem Markeninhaber einer Modefirma. Der Geschädigte kann dabei in der strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Schadensersatzsumme festlegen. Anders wäre es, wenn der Verkäufer den Käufer im Zuge der Streitigkeiten beleidigen würde. Dann kann auch der Käufer diesen Rechtsweg gehen.

Den obigen Markeneigentümern und Urhebern stehen im deutschen Wettbewerbsrecht der Weg über die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. („Wettbewerbszentrale“) offen, die ihren Mitgliedern die Abmahnung abnimmt.

Trotzdem gibt es bei praktisch allen „Fake-Shops“ meist zahlreiche Verstöße zu beklagen, die den Schutz des Käufers reduzieren: Falsche oder unvollständige Impressumsangaben, keine vorladungsfähige Adresse, versteckte Angaben zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), keine Transparenz über die Beziehung Kunde-Webshop-Vertragspartner, keine Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und irreführende Produktfotos sowie -beschreibungen. Die AGB und Datenschutzbestimmungen sind oft lustlos zusammenkopierte Textblöcke, die unzulässige Klauseln enthalten:

„Für die Zwecke der vorliegenden Vermittlungsbedingungen haben die folgenden Begriffe die folgende Bedeutung: Website: die über By-lina.de zur Verfügung gestellte Plattform, die auch alle zugehörigen Subdomains umfasst. Eigentümer der Website: das Unternehmen * auf Anfrage, mit Sitz in * auf Anfrage und eingetragen bei der Handelskammer unter der Nummer * auf Anfrage und der Umsatzsteuernummer * auf Anfrage. Käufer: die Person, die einen Kauf auf der oben genannten Website tätigt. Verkäufer: ein Unternehmen, das entweder als Hersteller oder als Händler bewegliche Sachen an den Käufer verkauft.“

https://by-lina.de/pages/allgemeine-bedingungen-und-konditionen  

Im obigen Beispiel des Webshop-Betreibers „By Lina“ wird der Käufer völlig im Dunkeln darüber gelassen, wer Lieferant und Vertragspartner sind. Bei Vertragsabschluss müssen diese Informationen aber dem Käufer vorliegen, nicht erst auf Anfrage.
Da in diesen AGB Textblöcke – zum Beispiel zum Widerrufsrecht – mehrfach erscheinen, liegt nahe, dass diese von einer Person laienhaft zusammenkopiert wurden.

Weiter in den AGB:

„Zusätzliche Kosten, wie Einfuhrumsatzsteuer und (Zoll-)Abgaben, gehen zu Lasten des Käufers.“

Auch hier ist Vorsicht geboten: Vor Kaufabschluss müssen dem Käufer die vollständigen Kosten vorliegen. Speziell Versandkosten und Steuern müssen für den Käufer vollständig angegeben werden.

„Der Käufer erhält die Bestellung innerhalb von 30 Tagen, sofern nicht anders mit dem Verkäufer vereinbart.“

Dem Käufer muss die Lieferfähigkeit vor Kaufabschluss dargestellt werden. „Vorrätig“ oder „sofort lieferbar“ wird vor Gericht als „innerhalb von ca. 5 Tagen lieferbar“ eingeschätzt. Ist man zum Beispiel auf By Lina auf der Produktseite „Verena™ | Die beliebteste Jacke dieses Winters!“, so wird einem zu keinem Zeitpunkt die Lieferfähigkeit angezeigt. Dafür sieht man mit dem geschulten Auge zahlreiche Markenrechtsverletzungen.

Selbst wenn der Käufer arglistig getäuscht wurde und eine Rechtsverletzung vorliegt, eine Tatsache erschwert die Aussichten auf Erfolg: Der Käufer tätigte eine Vorauszahlung an eine juristisch nur schwer greifbare Person. Im Falle von „By Lina“ findet sich nur diese Angabe:

„Sie können uns per E-Mail unter support@by-lina.de erreichen. Das byMila-Team arbeitet sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag.“

Man achte auf den Ausdruck „byMila“. Selbst der Shop-Betreiber weiß offensichtlich nicht, wie seine Unternehmung heißt.
Meiner Meinung nach wird dieses Problem verstärkt durch die mangelhafte Kontrolle der Händler durch die Betreiber der eCommerce-Plattformen wie Shopify und Co.

Zum Abschluss mein Tipp:

  1. Nur auf den großen, bekannten eCommerce-Verkaufsplattformen einkaufen, die sich in einem gewissen Umfang für den Schutz der Kunden einsetzen. Als Privatperson habe ich bisher mit Amazon nur gute Erfahrungen gemacht.
  2. Wenn Sie die Winterjacke eines Ihnen unbekannten Webshops unbedingt kaufen wollen und diese bei 1) nicht finden: Kontaktieren Sie vorab den Betreiber des Webshops und fragen Sie nach dem aktuellen Lagerstand, den Lieferkosten inklusive Zoll und Steuern, dem Namen des Kaufvertragspartners sowie der Rücksendeadresse für Reklamationen. Sie werden keine Antwort erhalten und wissen dann, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen Fake-Shop handelt. Finger weg!
  3. Sie haben in 2) eine halbwegs akzeptable Antwort erhalten und haben nur noch die schöne Winterjacke im Kopf: Lesen Sie zu mindestens vor Kaufabschluss noch Rezensionen über den Händler auf Plattformen wie Trustpilot (https://de.trustpilot.com/). Verwenden Sie ein Zahlungsmittel, bei dem Sie als Käufer geschützt werden.

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